Das Viertel rüstet sich für eine open-air-party mit Kunst und Kultur. Ein paar Meter weiter schlafen die rumänischen, tschechischen, slowakischen und serbischen Busfahrer schon hinter getönten Scheiben. Bisher war das Interesse an diesen Abstellflächen eher mäßig. Hinter hohen Gitterzäunen verbellt ein Wachhund jeden, der sich seiner Gebrauchtwagenherde unrechtmäßig nähert. Die alten Lagerhäuser tragen ihre Backsteinpatina mit schmutziger Gelassenheit. Schriftzüge blättern ab und verleugnen die geschäftige Vergangenheit hinter ihren Wänden. Alles ist ein bisschen von gestern. Unkräuter und Rost haben sich Flächen erobert.
Endlich Regen
Tiefe Risse in der Erde des kleinen Blumenbeetes-
viele Samenkörner gar nicht erst aufgegangen.
Auf der Wetterkarte wird die durchschnittliche
Regenmenge des Frühjahrs angezeigt-
man spricht bereits von „Dürre“-
untypisch eigentlich für ein Frühjahr
in Deutschland, aber nicht mehr
beispiellos, schon vor zwei Jahren
wurde um die Pflanzen gefürchtet.
Frühling
Zuerst zaghaft die weißen Schneeglöckchen. Alles andere verharrt im Knospenzustand, um nicht Opfer der letzten Fröste zu werden. Anfangs wird die Reihenfolge noch eingehalten- Krokusse vor den Narzissen und Tulpen- aber bald schon wird es unübersichtlich bunt- gelbe Forsythien wetteifern mit der Zaubernussblüten, Buschwindröschenteppichen und Blausternkissen. Das Grün, gerade noch kaum wahrnehmbar blass erstrahlt nach warmen Regenschauern satt leuchtend.
Letzter
Letzte Arbeitstage- Abschiednehmen und Innehalten. Rückblick, noch ist alles ganz präsent. Die Arbeitsabläufe. Die Kollegen. Lustige Momente und Ärger, den man gemeinsam bekommen hatte, Streit über geöffnete Fenster oder andere wichtige Dinge- und im besten Fall anschließend die Versöhnung. Die vielen Gesichter, die du nur hier siehst. Ahnung von Persönlichkeiten, die die Atmosphäre prägen. Wissen um Stärken und Schwächen, kleine und große Macken. Belangloses Geschwätz verbirgt vielleicht nur großen Kummer.
Hasengold
Durch die graue Nebelsoße schieben sich die Autos wie jeden Tag vorbei am Riesensupermarkt- kurz hinter der Wiege des BVB. Leicht golden schimmert ein „Riesenkalb“ vom Dach eines Parkdecks herüber. Befestigt an Drahtseilen. Aschermittwoch ist heute: Katerstimmung in den Kneipen. Mahnende Worte in den Kirchen. Bedenke, Mensch, du bist Staub. Asche zu Asche…
Die Goldfolie vom Dach schimmert durch alles Trübe dieses Tages. Gestern war Konfetti, heute bist Du aus Asche- und morgen kommt der: Goldhase. Er sitzt schon in den Startlöchern- bald in Deinem Einkaufswagen und- wenn Du ihn 40 Tage lang gut versteckst, am Ostermorgen im Nest Deiner Kinder und Enkelkinder. Warum sollten wir trauern, warum verzichten, warum unser Leben ändern? Konsum ist leichter als ein Fastengelübde. Osterhasengold als sichere Währung für ein kleines Glück. Wir geben Materie und bekommen ein kleines Wunder.